Samstag, 17. Januar 2009

Ultimo-Artikel Februar schon mal vorab

Februar. Halbzeit. Bergfest.
Zeit für einen Rückblick und eine kurze Zwischenbilanz. Um die vergangenen Monate einmal Revue passieren zu lassen, habe ich in meinen Tagebüchern geblättert und einige kennzeichnende Sätze herausgesucht.

18.08.08: Ankunftsschock überwunden. Alles ist spannend und aufregend.
24.08.08: Gestern wurde der Führer des Welt-Hindu-Rates ermordet. Wir dürfen den Campus nicht verlassen.
07.09.08: Komme mir nutzlos vor. Will endlich eine Aufgabe haben.
02.10.08: Unterwegs nach Visakhapatnam, der Verkehr ist mörderisch.
25.10.08: War ein Jahr schon immer so lang, oder kommt mir das nur so vor?
01.11.08: Ich hasse Ameisen! Vor allem, wenn sie in meinem Tee. Schwimmen.
26.11.08: Bangalore: Die erste Pizza nach vier Monaten, ein Traum.
13.12.08: Warum klauen die Postbeamten eigentlich immer die Schokolade aus meinen Päckchen? Das ist doch nicht fair!
01.01.09: Komisch. Mit den Feiertagen im Rücken fühlt sich mein Aufenthalt irgendwie anders an.
10.01.09: Seminar zu „Frieden und Entwicklung“ in Bhubaneswar, der Hauptstadt von Orissa. Wow, und ich bin dabei!
28.01.09: „Heute hier, morgen dort“ Es geht nach Delhi zum Zwischenseminar für Freiwillige

Bei dem Versuch, eine Bilanz zu ziehen, stoße ich immer wieder auf ein und die selbe Frage: Wie lässt sich sich so ein Aufenthalt messen? Die Unterteilung in Monate oder Wochen ist nicht sehr aussagekräftig, denn noch nie ist mir Zeit so subjektiv vorgekommen. Ein Tag fühlt sich an wie eine halbe Ewigkeit, Wochen schrumpfen manchmal zu Stunden. Ich muss also andere Maßstäbe finden. Vielleicht geben folgende Zahlen ein wenig mehr Aufschluss ueber die Dimensionen, die ein halbes Jahr annehmen kann. Ich habe
Ø durchschnittlich 25 Std. in der Woche gearbeitet
Ø 370 Seiten Tagebuch geschrieben
Ø 23 Bücher gelesen
Ø rund 90 Kg Reis gegessen
Ø 118 Stunden im Zug verbracht und dadurch
Ø 4 Großstädte kennengelernt (Visakhapatnam, Bangalore, Bhubaneswar, Neu Delhi)
Ø 16 Dörfer besucht
Ø ca. 175x über die Landschaft gestaunt
Ø ca. 11x ausversehen auf Chili gebissen
Ø und unendlich oft an Zuhause gedacht.

Ich muss damit leben, nicht alleine hinaus zu dürfen und höchstens einmal die Woche einkaufen zu können, in Begleitung, versteht sich, habe Arbeit erfunden, wo keine war, (Z.B. bringen wir jetzt monatlich einen Newsletter heraus, in dem wir über unsere Organisation und ihre Projekte berichten.) esse mit den Fingern und habe gelernt, wie man einen Sari wickelt. Indien hat mir meinen Aufenthalt bis jetzt nicht immer einfach gemacht, doch auch das ist eine gute Erfahrung.
„Seltsamer und seltsamer“ sprach Alice, als sie ins Wunderland kam. „Seltsamer und seltsamer“ denke auch ich mir so manches mal, seit ich in Indien bin.

Dienstag, 13. Januar 2009

Bhubaneswar











Hallo Hallo,
gestern sind wir aus Bhubaneswar, der Landeshauptstast Orissas zurueckgekehrt. Dort fand das 20jaehrige Jubilaeum von ODAF statt. Am 08.01 sind wir dort angekommen und haben dann erst aml unser Hotel bezogen. Wir hatten sogar eine Dusche! Aber leider war das Hotel, obwohl durchaus vornehm, recht dreckig. Aber so ist das hier in Indien. Waehrend wir in Deutschland sagen "Macht nix, wenn's einfach ist, hauptsache sauber!" heisst es in Indien "Egal, wenn"s in den Ecken dreckig ist, wichtig ist der Marmorfussboden und die goldenen Wasserhaehne." Das ist z.T. echt eklig.
Am 09. war Kultur angesagt. Musik und Tanz, aber leider auch viele Reden und Ehrungen, das war ein bisschen langweilig. Abends waren wir dann auf einer super-eleganten Poolparty, wie wir dann feststellten, nur fuer geladene Gaeste. und wir waren zwei davon, wow :-)
Am naechsten Tag fand das Seminar zum Thema "Frieden und Entwicklung" statt, das war wirklich interessant und ich bin jedesmal wieder beeindruckend, dass wir als kleine Freiwillige tatsaechlich daran teilnehmen. Und wenn wir dann erzaehelen, dass wir von WIDA kommen, dann nicken alle wissend und sagen "Ah, Stanleys Organisation" Und dann machen sie ein gebuehrend beeindrucktes Gesicht. ^^ So langsam habe ich das Gefuehl, dass unser "Cheffe" so etwas wie der Kofi Annan der indischen Entwicklungsszene ist. Und dann nimmt er sich immer noch die Zeit, fuer uns ein Auto zu organisieren, damit wir ein wenig durch Bhubaneswar gondeln koennen. Das haben wir naemlich am Sonntag gemacht. Wir sind mit ein paar anderen in den Zoo gefahren und haben mit Affen und Elephanten Bekanntschaft gemacht. Mit dem Elephanten sogar mehr als mir lieb war ;-)





Mittwoch, 7. Januar 2009

Hallo ihr lieben,
jetzt werde ich Euch doch noch mal ein bisschen ausfuehrlicher von unserer Dorfuebernachtung erzaehlen. Einiges steht ja schon im Ultimo-artikel und es ist auch schon eine Weile her, aber sicher ist es trotzdem noch interessant, mal zu lesen, wie es in so einem Dorf zugeht.
Der Plan sah so aus, dass wir eine Nacht auf einem Dorf verbringen sollten. Chikalmari war angeblich unser Ziel. Super, dachten wir. Das kennen wir schon und da ist auch das Brueckenkurs-Camp der Jungen und zu Annemarie ist es von da aus auch nicht weit.
Tja, Pustekuchen. Kurz vor Abfahrt haben wir dann heraus gefunden, dass es nicht nach Chikalmari geht, sondern nach Chiklamari (man beachte die Position des L). Chiklamari ist eines der Doerfer die von Gideon betreut werden, was einer der Gruende war, warum wir gerade dort uebernachten sollten.
Am Samstag Nachmittag haben wir uns also auf den Weg gemacht. Leider hatte es morgens angefangen zu regenen, so dass die Wege immer schlechter wurden, je weiter wir in die Berge kamen. Irgendwann war die "Strasse" nur noch eine verschlammte Lehmpiste, links ging es steil bergab und rechts ebenso steil bergauf. Ich hatte schon befuerchtet, wir muessten aussteige und zu Fuss weitergehen, aber es ist schon erstaunlich, was ein Auto hier so alles bewaeltigt. Irgendwann waren wir dann so hoch, dass wir mitten durch die Wolken gefahren sind. Auch als wir im Dorf ankamen, war alles grau und die Dorfleute standen in dicken Nebelschwaden.
Wir wurden dann schnell in der Huette der Dorffuehrerin einquartiert, eine kleine Lehmhuette mit 3 Raumen. Einem Wohnraum, einem kleinen Schlafraum und einer Kueche.
Tja, wir hatten dann nachmittags noch ein kurzes Meeting mit den Mitgliedern der Frauengruppe des Dorfes, aber die juengeren Frauen waren total schuechtern und haben sich nicht einmal getraut, sich vorzustellen. Aber zumindest die etwas aelteren haben uns viele interessante Sachen ueber ihr Dorf erzaehlt.
Zum Abendessen wurde dann der Hahn der Familie geschlachtet und ich habe mich wirklich bemueht, das herunter zu kriegen, aber da war auch gar kein Fleisch, sondern bloss Knochen, Knorpel und Fett. Ich habe wirklich mein bestes gegeben, aber das konnte ich einfach nicht essen. Naja, dazu gab es noch einen riesen Berg Reis, so dass ich nach der Haelfte einfach gestoehnt habe, ich sei ja schon soooo satt. keine Ahnung, ob sie das durchschaut haben, aber beleidigt schienen sie zum Glueck nicht zu sein.

Naja, wir haben uns dann noch gegenseitig etwas vorgesungen...ja, wirklich. Die Inder singen ja in voellig anderen Stimmlagen, so dass sie hoffentlich nicht gemerkt haben, dass bei unserer Darbietung hoechstens jeder dritte Ton stimmte.
Gegen halbzehn sind wir dann auch ins Bett gekrochen. Oder besser, es wurden fuer uns die Matten auf dem Boden ausgerollt, auf die wir uns dann mit unseren Schlafsaecken gelegt haben. Miri und ich haben mit der Tochter der Familie im Wohnraum geschlafen, waehrend Gideon und unser Fahrer mit dem winzigen anderen Raum vorlieb nehmen mussten.
DAs war fast ein bisschen unwirklich, da auf dem Lehmboden zu liegen und neben einem die Huehner in ihren Koerben rascheln zu hoeren. Die verbringen ihre Naechte naemlich auch in dem Wohnraum.
Erst hatten wir Angst, dass es nachts tierisch kalt wird und hatten und ganz dick angezogen, aber ich bin nachts mehrmals aufgewacht, weil mir so warm war. Aber gut, mit so vielen Leuten auf engem Raum ist das ja auch kein Wunder.
Am naechsten Morgen um 4 haben uns dann die Haehne des ganzen Dorfes geweckt und um sechs sind wir dann auch aufgestanden. Ein paar maedels haben wohl erkannt, dass wir draussen nach einer Wasch- bzw. Zaehneputzgelegenheit suchten und haben uns dann ca 300 m durch den Gemuesegarten zu einer Pumpe gefuehrt. Allerdings hatten wir uns zum Zaehneputzen abgekochtes Wasser von hier mitgenommen und natuerlich auch Zahnpasta. Die haben schon sehr komisch geguckt, als wir da so mit dem weissen Schaum im Mund standen. Sie selbst benutzen fuer die Zahnpflege kleine Zweige.
Naja, nach einem kleinen Fruehstuck sind wir dann auch schnell wieder gefahren. Allerdings haben sie uns zum Abschied noch einen Hahn geschenkt. Der sass dann die ganze Rueckfahrt ueber im kofferraum und hat jaemmerlich vor sich hin gekraechzt. Ich fuerchte, er ist bei Sarola im Kochtopf gelandet, aber haetten wir ihn behalten koennen, haette er eine Schleife um den Hals bekommen und Martin geheissen. :-)

Wir waren echt froh, als wir dann so gegen 10 uhr am Sonntag morgen wieder zurueck waren. So eine Wassertoilette ist schon was gutes. Dort gab es naemlich nur einen lehmigen Acker direkt neben dem Dorf und nachdem ich den einmal benutzt hatte, habe ich mich relativ schnell dazu entschlossen den Rest der Zeit lieber die Beine zusammenzukneifen. ;-) Was haben wir das gut mit Elektrizitaet und fliessend Wasser.
Irgendwie war die ganze Aktion ein wenig absurd, weil es mir die ganze Zeit ueber einfach nur komsich vorkam, dass die Menschen wirklich dort so leben. Jetzt weiss ich zumindest, was ich an meinem Bad mit meinen 2 Plastikeimern habe.

So, jetzt habe ich euch genug von meinem Abenteuer berichtet. ich hoffe, Ihr konntet ab und zu ein wenig schmunzeln, Miri und ich haben es jedenfalls mit Humor genommen. ;-)